Keine Feinde
In dem nachfolgenden Essay spricht sich der Weltfreund Adi Da für einen neuen globalen Pro- zess aus, der – in seinen Worten – dem Prinzip von Prior Unity (der von Natur aus bestehenden Einheit) die notwendige »Gestaltungskraft« gibt. Wie kann dies geschehen? Es bedarf dazu, wie er sagt, eines »Instruments«, das der globalen Menschheit erlaubt, sich selbst als Einheit zu organisieren und zu verwalten. Er nennt dieses Instrument, das es in die Tat umzusetzen gilt, das »Globale Kooperative Forum«.
Die Notwendigkeit eines solchen Globalen Kooperativen Forums beruht auf der Tatsache, dass keine gegenwärtig bestehende globale Organisation dazu in der Lage ist, mit der Komplexität der Weltsituation fertig zu werden. Obwohl nach dem Zweiten Weltkrieg globale Organisationen wie die Vereinten Nationen gegründet wurden, waren diese nicht in der Lage, effektiv zum Wohle des Ganzen zu funktionieren – weil das vorherrschende Paradigma davon ausging, dass voneinander getrennte Parteien miteinander Vereinbarungen aushandeln, die das Eigeninteresse wahren und den eigenen Einflussbereich ausweiten sollen. Das globale Wohl (sowohl der Menschen als auch aller anderen Lebewesen) wird dadurch den Zielen von separaten Machtinteressen unterworfen.
Im gegenwärtigen Zustand der Welt bleibt den Menschen nichts anderes übrig, als diese Situation passiv zu erleiden oder das Maximum für sich herauszuholen oder beides. Es ist daher ein tiefgrei- fender Bewusstseinswandel nötig – weg von der Annahme der Trennung und Konkurrenz, hin zu einem Bewusstsein, das die Verantwortung für das Ganze übernimmt.
In diesem Essay, und (vertiefend) in seinem Buch Nicht-Zwei ist Frieden beschreibt Adi Da, was not- wendig ist, damit das Globale Kooperative Forum ein Instrument von »allen-auf-einmal« wird – und damit meint er die vereinte Kraft und das einzigartige Potential der Menschheit, wenn sie erwacht, sich als einer Familie bewusst wird und sich sogar als ein »System« begreift, das in Einklang mit dem System der gesamten Erde steht (und für dieses verantwortlich ist).
Ein solches Globales Kooperatives Forum würde eine institutionelle Struktur zur Verfügung stellen, auf deren Grundlage die Wahrheit von Prior Unity als Arbeitsmethode kommuniziert werden kann. Auf diese Weise kann das gesamte System der Erde (sowohl der Menschen als auch aller anderen Lebewesen) seine von Natur aus bestehende Fähigkeit wiederherstellen, sich selbst zu korrigieren und seine Belange selbst zu gestalten.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Globale Kooperative Forum sich mit den Themen befas- sen würde, die das Wohlergehen der Erde als Gesamtheit betreffen – mit Hilfe von einem globalen kooperativen Prozess, in dem sich alle Menschen auf der Welt selbst regieren.
— Carolyn Lee
Das Grundmuster der Weltpolitik, das sich immer stärker zeigt und das menschliche Ver- halten bestimmt, beruht auf dem Prinzip der polaren Gegensätze – mit verheerenden Auswirkungen im 20. Jahrhundert, seinen zwei Weltkriegen und den unzähligen bewaffneten Auseinandersetzungen, die bis in die Gegenwart anhalten. Die vorherrschende politische Methode besteht darin, dass Kontrahenten sich gegenseitig bekämpfen oder (andernfalls) versuchen, mit- einander Kompromisse zu schließen und Absprachen zu treffen.
Schon Abraham Lincoln sagte: »Ein Haus, das in sich selbst geteilt ist, hat keinen Bestand.« Wenn das Weltsystem auf Gegensätzen beruht, wird es sich selbst zerstören, denn die willkürliche Teilung (oder gegenseitige Opposition) führt unweigerlich zum Chaos. Es hat viele Bemühungen gegeben (und wird sie zweifelslos weiterhin geben), zu einer Art globalen Lösung zu kommen, indem ver- sucht wurde, Gegensätze miteinander zu vereinen. Aber solche Bemühungen müssen zwangsläufig scheitern und erfolglos bleiben. Die »Physik« des menschlichen Zusammenlebens lässt es einfach nicht zu, dass eine solche Vorgehensweise erfolgreich sein kann.
Einheit kann nicht dadurch erreicht werden, dass Gegensätze miteinander verknüpft werden. Einheit ist der Zustand, der von Natur aus besteht; der Zustand, der immer bereits der Fall ist und durch den alle Gegensätze hinfällig werden. Daher sollte von der von Natur aus bestehenden Einheit ausgegangen und nicht weiter an vermeintlichen Gegensätzen festgehalten werden.
Die Weltsituation hat sich inzwischen so entwickelt, dass ein weltweiter Zusammenbruch, den Gegensätze unweigerlich hervorbringen, immer wahrscheinlicher wird. Wir befinden uns daher in dem kritischen Moment, in dem es auf der Ebene der Weltpolitik darauf ankommt, mit dem Spiel der Gegensätze aufzuhören. Das Ausspielen von Gegensätzen muss durch die Politik der von Natur aus bestehenden Einheit ersetzt werden – und zwar durch das Globale Kooperative Forum von allen-auf-einmal. Dies ist eine absolute Notwendigkeit. Wenn dies nicht geschieht, wird das Spiel der polaren Gegensätze die absolute Zerstörung herbeiführen.
Das Prinzip von Prior Unity, der immer schon von Natur aus bestehenden Einheit, lässt sich auf alle menschlichen Bestrebungen anwenden, sogar auf die Integrität des menschlichen Körpers und der menschlichen Persönlichkeit. Einheit ist nicht das Ergebnis eines Spiels von Gegensätzen. Einheit ist der von Natur aus bestehende Zustand.
Nur wenn Einheit (oder Unteilbarkeit) zum Lebensprinzip erhoben wird, ist auch Einheit das Ergebnis jeden Handelns. Wenn angenommen wird, dass Teilung (oder Opposition) der Fall ist, wird diese Annahme zu immer mehr Teilung führen. Dies ist ein unumstößliches Gesetz. Sobald es ver- standen ist, gibt es Klarheit in Bezug auf alles, was mit richtigem Handeln und richtigem Leben zu tun hat.
Alles, was ich in Bezug auf alle menschlichen Belange anspreche – und dazu gehört notwendiger- weise auch das, was ich zur Weltpolitik sage –, beruht auf diesem fundamentalen Prinzip: die Wirklichkeit an sich ist eine von Natur aus bestehende Einheit. Die Wirklichkeit an sich ist unteilbar und egolos. Das Leben muss daher so geführt werden, dass es mit der Selbst-Natur der Wirklichkeit an sich übereinstimmt.
Dieses absolute Prinzip ist von grundlegender Bedeutung für die Lösung aller menschlichen Probleme. In der Sprache Gandhis handelt es sich hierbei um eine »Seelenkraft« oder um die »Macht der Wahrheit«.1
Die Kraft von Prior Unity sollte allen politischen Bemühungen zugrunde liegen. Das Prinzip der von Natur aus bestehenden Einheit bestimmt ein Handeln, das (notwendigerweise) alle-auf-einmal mit einbezieht. Dazu bedarf es keiner Suche nach Einheit. Stattdessen gilt es, die Kraft von Prior Unity praktisch anzuwenden. Sie ist das grundlegende Prinzip und sollte das politische Handeln bestimmen.
Wie sollte die Menschheit mit der gegenwärtigen Weltsituation umgehen? Indem sie das Prinzip von Prior Unity anwendet. Und um das zu tun, bedarf es eines Instruments. Dieses Instrument ist das Globale Kooperative Forum. Das Globale Kooperative Forum muss das Spiel-der-Gegensätze end- gültig in die Geschichtsbücher verbannen, desgleichen alle Konflikte von Nationalstaaten sowie alle Versuche, große Zusammenschlüsse von Nationalstaaten anderen solchen Zusammenschlüssen entgegenzusetzen, um sich gegenseitig zu besiegen – eine Religion siegt über die andere, ein Nationalstaat (oder eine Gruppe von Nationalstaaten) siegt über einen anderen Nationalstaat (oder eine Gruppe von Nationalstaaten) und so weiter.
Alle diese Versuche, einen vermeintlichen Gegner zu besiegen, sind einfach verrückt. Die Mensch- heit kann es sich nicht leisten, so weiterzumachen. Die Menschheit muss damit aufhören.
Jetzt ist der entscheidende Moment in der menschlichen Geschichte, diesen Irrsinn zu beenden, weil er nicht weitergehen kann, ohne dass es zur totalen Katastrophe kommt. Es gibt daher in Wahrheit keine andere Option.
Diejenigen, die hören, was ich zu diesem Punkt sage, werden begreifen: Auf jeder Ebene des menschlichen Lebens muss auf der Grundlage dieses Verstehens gehandelt werden, einschließlich aller Belange, welche mit Weltpolitik oder Umweltthemen zu tun haben. Alles, was auf der mensch- lichen Ebene passiert, muss so angegangen werden, dass das Prinzip von Prior Unity zur Anwendung kommt, und zwar durch Instrumente, die alle-auf-einmal miteinbeziehen. Es geht im Wesentlichen darum, das Wahrheits-Prinzip (oder Wirklichkeits-Prinzip) der von Natur aus bestehenden Einheit in die Tat umzusetzen. Es braucht dafür eines konkreten Instruments – Worte allein reichen nicht.
Es geht nicht darum, Kollektive von verschiedenen Gruppen – wie z.B. Regierungen und Nicht- Regierungs-Organisationen – zusammenzubringen, sodass jede Gruppe ihr Anliegen vorbringen kann und dadurch ein Chaos aus unterschiedlichen Meinungen entsteht. Die Zeit reicht nicht, um auf diese Weise vorzugehen. Es muss ein anderes Instrument zur Anwendung kommen – und alle- auf-einmal müssen es mit Leben erfüllen und mit seiner Hilfe aktiv werden.
Die Menschheit muss zu ihrer ihr innewohnenden und wesenhaften Einheit als ein Ganzes er- wachen und aufhören, vermeintliche Unterschiede gegeneinander auszuspielen. Die Menschen müssen das Prinzip von Prior Unity begreifen und dementsprechend handeln – und zwar mit Hilfe eines geeigneten Instruments, das dieser Tatsache uneingeschränkt auf integre und richtige Weise Rechnung trägt. Aus diesem Grund ist es zwingend notwendig, das Globale Kooperative Forum ins Leben zu rufen.
Immer wenn etwas getan wird in Opposition zu welcher Kraft oder welchem Gegner auch immer, sobald auch nur eine Strategie in Bezug auf ein Gegenüber entwickelt wird, ist ein solches Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Es mag zu ein paar Veränderungen kommen, aber letztlich bleibt alles beim Alten, weil das zugrundeliegende Prinzip auf Trennung beruht.
In gleicher Weise wird jede Strategie, die gegen einen Widerpart entwickelt wird, zwangsläufig scheitern. Das einzige Prinzip, das politisch erfolgreich sein kann, beruht darauf, dass kein Gegenüber existiert und niemand versucht, einen Gegner zu besiegen – es also grundsätzlich keinen Kampf gibt. Die richtige menschliche Politik besteht ganz einfach darin, dem Prinzip von Prior Unity Geltung zu verschaffen – es zielstrebig zu verfechten und durchzusetzen.
Ein Handeln auf dieser Grundlage geht nicht davon aus, dass überhaupt ein Gegenüber existiert. Wenn keine Trennung hergestellt wird, kann ein solches Handeln auch nicht scheitern. Im Gegensatz dazu wird alles, was von Trennung ausgeht und Trennung selbst aktiv herstellt, erfolglos sein. Es wird nur immer mehr Trennung hervorbringen. Das einzige politische Handeln, das den größtmöglichen Erfolg erzielen kann, basiert (1) auf der Annahme der von Natur aus bestehenden Einheit und (2) der Umsetzung von Prior Unity durch ein geeignetes Instrument.
Es gibt weder einen »Anderen« noch ein Gegenüber. Das Globale Kooperative Forum ermöglicht es, alle Gegensätze, alle Kontrahenten und das ganze Spiel zu umgehen, das auf der Vorstellung von Konkurrenz beruht. Es sollte immer davon ausgegangen werden, dass es keine Gegensätze, keine Konkurrenten und keine Feinde gibt. Es gibt nur die immanente Tatsache von Prior Unity. Eine richtige Politik handelt einfach auf dieser Grundlage.
Genau das ist die Aufgabe des Globalen Kooperativen Forums. Und genau das sollte ein weltweites politisches Handeln, das ich beschreibe, bewerkstelligen. Eine richtige Politik beruht auf den folgenden Pfeilern: keine Feinde, kein Spiel der Gegensätze und (daher) keine Strategie in Bezug auf einen angenommenen Gegner – noch nicht einmal im Ansatz.
Die vollständige Annahme von Nicht-Getrenntheit, von Prior Unity, von keinem Gegenüber, von keiner aktiv vollzogenen Trennung ist die grundlegende Einstellung, die ein solches Handeln im Kern prägt. Sie ist die einzig richtige und erfolgreiche Strategie. Es ist keine Strategie, die ein bestimmtes Ziel erreichen will. Es geht darum, der immer schon bestehenden Realität Geltung zu verschaffen, anstatt nach einer anderen Realität zu suchen.
Wenn ich über Politik spreche, ist mein Blick dabei auf die ganze Menschheit gerichtet – und ich beschreibe keine negative Situation voller Gegensätze, in der man versucht, einen Widersacher oder einen Feind zu besiegen. Für das Globale Kooperative Forum ist es entscheidend, immer davon auszugehen, dass keine Feinde existieren. Das Globale Kooperative Forum muss von sich aus immer schon alle miteinbeziehen. Und dazu bedarf es einer disziplinierten Vorgehensweise, weil die Menschen gewohnheitsmäßig dazu neigen, unterschiedliche Meinungen und gegensätzliche Standpunkte aufeinanderprallen zu lassen. Sie wollen einfach ständig miteinander über alles streiten. Aber eine solche Art von Diskussion sollte es auf keinen Fall geben, denn sie führt absolut zu nichts.
Es gibt nur die Wirklichkeit an sich – die Ganzheit, die immer schon von Natur aus besteht; die Ganzheit, die immer schon unteilbar ist. Sie ist die Grundlage für richtiges Handeln. Alles richtige menschliche Handeln sollte auf diesem Verstehen beruhen.
In einer der Upanishaden wird gesagt, dass immer dann, wenn ein »Anderer« existiert, Angst entsteht.2 Sobald von »Verschiedenheit« ausgegangen wird, von Getrenntheit und einem Gegner, ist Angst da – oder die Neigung zu trennen, sich selbst zu schützen und sich selbst abzuspalten. Das entscheidende Prinzip, das die Menschheit befreien wird, besteht darin, nicht von einem Anderen auszugehen. Immer wenn nicht davon ausgegangen wird, dass es einen »Anderen« gibt, erwacht die Wahrheit.
Dies ist die Bedeutung des Buchtitels Nicht-Zwei ist Frieden. Ich beschreibe in diesem Buch kei- ne Methode, mit deren Hilfe man versuchen kann, Frieden herzustellen. Alle Zweiheit führt zum Streben nach einem Ziel – einschließlich des Ziels von einem Frieden, den Idealisten eines Tages zu finden hoffen. Was ich vorschlage, ist nicht idealistisch. Im Gegenteil, meine Vorschläge sind vollkommen realistisch – und zwar sowohl in Bezug auf Politik als auch in Bezug auf jeden anderen Lebensbereich. Ein solcher Realismus basiert zutiefst darauf, dass nicht davon ausgegangen wird, dass es »Andere« und »Probleme« gibt. Ein solcher Realismus gründet sich auf die Annahme von »Nicht-zwei« – sie wird grundsätzlich akzeptiert und zur Basis jedweden Handelns gemacht. Ein solches Handeln ist immer schon von Einheit gekennzeichnet, und zwar nicht als Streben nach Einheit, sondern als schon faktisch vorhandene Einheit.
Dies ist die richtige Grundlage für politisches Handeln. Es ist die Grundlage für alles richtige Handeln in jedem Lebensbereich. Durch dieses Verstehen kann alles in Ordnung gebracht werden, jetzt und in der Zukunft. Es ist das Weisheits-Mittel, das in Bezug auf jeden menschlichen Vorgang angewendet werden kann (und sollte). Es ist auf alles anwendbar – also auch auf die umfassendste aller Möglichkeiten, nämlich das richtige Funktionieren der Menschheit-als-Ganzes.
Dies ist ein Aufruf, der alle zu einem Verstehen erwecken soll, das aus-sich-selbst-heraus einleuchtet. Es geht nicht darum, die Menschen als Egos anzusprechen oder bloß um den Versuch, sie mit all ihren Unterschieden zusammenzubringen und die Probleme auszudiskutieren. Um so etwas geht es überhaupt nicht. Es geht darum, etwas völlig anderes zu tun, denn all das ist zum Scheitern verurteilt. Es ist reine Zeitverschwendung – und Zeit darf nicht länger verschwendet werden. Dieser Aufruf an alle hat daher zum Ziel, dass sich jeder von der Intuition der Wahrheit (oder der Realität) leiten lässt, die aus sich heraus offensichtlich ist, anstatt die Menschen darin zu bestärken, sich selbstbezogenen zu verhalten und auf Konsum und Karriere fixiert zu sein.
Das Prinzip der Gewaltlosigkeit ist ein idealistisches Prinzip, nach dem man sich in Bezug auf einen Gegner richten soll. Was ich hier kommuniziere, hat damit nichts zu tun. Das Prinzip von »Nicht- Zwei ist Frieden« ist keine Strategie in Bezug auf einen Feind. Tatsache ist, dass es genau das nicht ist. Das Prinzip von »Nicht-Zwei ist Frieden« ist nicht bloß das Prinzip von Gewaltlosigkeit, obgleich es von Natur aus gewaltlos ist. Beim Prinzip von »Nicht-Zwei ist Frieden« geht es grundlegend darum, keine Methode anzuwenden, bei der davon ausgegangen wird, dass man es mit einem Gegner oder Feind zu tun hat.
Jedes Handeln, das davon ausgeht, dass ein Gegenüber existiert, ist im Grunde genommen gewalt- tätig, auch wenn es sich nach außen hin gewaltlos gibt. Das ist die grundlegende Erkenntnis. Jede Auseinandersetzung mit einem Kontrahenten ist eine Form von Aggression, auch wenn das Mittel der Gewaltlosigkeit dabei zum Einsatz kommt.
Der Ansatz von »Nicht-Zwei ist Frieden« (mit dem Globalen Kooperativen Forum als ausführendem Organ) hat damit nichts zu tun. Es geht nicht darum, etwas in Bezug auf einen Widersacher zu unternehmen. Es geht einfach nur darum, dass alle-auf-einmal sich selbst ins Spiel bringen, sich selbst ermächtigen, sich selbst regieren, sich selbst berichtigen, sich selbst korrigieren, sich selbst organisieren und dabei zu nichts und niemanden in Konkurrenz sind. Das Ganze-auf-einmal bringt sich selbst in Ordnung, so wie es zwangsläufig geschieht, wenn die Blockaden weggeräumt sind, die den sich selbst organisierenden Prozess daran hindern, in Gang zu kommen.
Die Gegensätze verhindern also, dass der sich selbst organisierende Prozess in Gang kommt. Die Vorstellung von »Verschiedenheit« hindert die Menschheit daran, sich selbst zu organisieren und selbst zu korrigieren und die eigenen Angelegenheiten selbst in Ordnung zu bringen. Darum geht es. Die Annahme von »Verschiedenheit«, die Annahme von Gegensätzen, von Kontrahenten, von notwendigem Kampf, von dem Streben nach Einheit, vom Sieg über die eine oder andere Macht, die das Gegenteil von einem selbst verkörpert – all das ist grundlegend falsch.
Es ist von enormer Wichtigkeit, dass die Menschen das Prinzip der Nicht-Getrenntheit begreifen. Das bislang fehlende Verständnis ist der Grund dafür, warum die Menschheit sich selbst zerstört und hehre Absichten immer wieder scheitern. Alles geschieht aufgrund der Annahme von »Verschiedenheit«, der Annahme, dass einem »Andere« gegenüberstehen, der Annahme, dass etwas jetzt noch nicht der Fall ist und es daher notwendig ist, nach einer zukünftigen Lösung zu suchen.
Mit anderen Worten: Die Annahme, dass es Egos gibt – oder die Annahme der Getrenntheit und die Aktivität der Trennung – ist der grundlegende Fehler, der dazu führt, dass alle menschlichen Bestrebungen erfolglos sind. Das Ego erzeugt »Verschiedenheit«. Das Ego ist die innere Einstellung, die von Trennung ausgeht (und sie aktiv herstellt). Das Ego vermeidet letztlich die Beziehung, zieht sich vor dem »Anderen« zurück. Dieses trennende Prinzip muss überwunden werden. Es hat nichts mit Frieden zu tun und kann nicht dazu beitragen, die Situation zu korrigieren, in der sich die Menschheit befindet.
Jedes Handeln auf der Grundlage der Annahme, dass ein »Anderer« oder »Verschiedenheit« existiert, wird zwangsläufig scheitern. Ein solches Handeln bringt nur Kampf hervor, aber keine Einheit. Genau betrachtet kann man sagen, dass die ganze Welt ein politisches Handeln an den Tag legt, das die globale Einheit zerstört. Die Vereinten Nationen arbeiten auf der Grundlage von gegensätzlichen Interessen und Unterschieden. In ihrem Rahmen kommen Konkurrenten und Gegner zusammen und bleiben weiterhin Gegner und Konkurrenten. Sie sitzen in der Runde und diskutieren, aber solche Diskussionen haben nichts mit Frieden zu tun, nichts mit Einheit und dem Wohlergehen der Menschheit-als-Ganzes. Reden allein bringt niemals Frieden oder Einheit oder Wohlergehen hervor.
Das Globale Kooperative Forum ist eine von Natur aus einheitliche Körperschaft, die alle-auf-ein- mal repräsentiert. In ihm gibt es daher keine Unterschiede. Es handelt sich nicht um einen Rat der Nationen. Das Globale Kooperative Forum ist einfach ein Arbeitsinstrument für die immer schon von Natur aus vereinte Gesamtheit (oder Ganzheit) der Menschheit, in dem nicht von Unterschieden ausgegangen wird.
Daher müssen alle Namensschilder draußen vor der Tür abgegeben werden. Niemand hat vor sich ein Schild stehen, das seine Zugehörigkeit zu einem Nationalstaat (oder zu anderen Gruppen) definiert. Es gibt keine »wichtigen« Personen, die über anderen stehen und mehr zu sagen haben. Es gibt keine Unterschiede. Es gibt keinen Status. Alle dienen dem Ganzen.
Es handelt sich hierbei nicht um puren Idealismus. Dies ist die Wirklichkeit in Aktion. Es ist eine absolute Notwendigkeit. Sie hat immer schon bestanden, aber es fehlte bislang die Anwendung auf die Menschheit-als-Ganzes, weil die Menschheit niemals zuvor als eine Ganzheit zusammen- gekommen ist. Dieses Zusammenkommen ist erst in jüngster Zeit passiert.
Im Globalen Kooperativen Forum können daher keine unterschiedlichen Nationen, keine unter- schiedlichen Religionen, keine unterschiedlichen Kulturen, keine unterschiedlichen Rassen ihre jeweilige Stimme erheben und versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Die Grundlage für die Zusammenkunft muss das Prinzip sein, dass die Menschheit als Ganzes eine immer schon bestehende Einheit ist. Es kommen keine unterschiedlichen Partikularinteressen auf den Tisch, sondern es werden nur die Themen behandelt, die alle betreffen. Und diese Themen werden dann durch eine dem jeweiligen Thema angemessene Vorgehensweise kollektiv gelöst.
Um das tun zu können, darf nicht länger von Unterschieden ausgegangen werden. Das ist das unumstößliche Prinzip des Globalen Kooperativen Forums.
Wie ich bereits dargelegt habe, ist das Prinzip von Prior Unity als politisches Mittel nicht das Gleiche wie die Strategie der gewaltlosen Aggression in Bezug auf einen Gegner. Es hat eine andere Grundlage, und es ist enorm wichtig, diesen Unterschied zu verstehen. Was ich hier kommuniziere, ist etwas völlig Neues. Es hat keine Ähnlichkeit mit irgendetwas, das bisher vorgeschlagen und um- gesetzt wurde. In der Geschichte der menschlichen Bemühungen um einen dauerhaften globalen Frieden stößt man immer wieder auf gut gemeinte Versuche, aber das Prinzip der immer schon bestehenden Einheit ist nicht das Gleiche wie frühere Vorgehensweisen, mit denen man versucht hat, Frieden herzustellen. Das Einzigartige des Prinzips von Prior Unity muss vollständig begriffen werden und überall zur Anwendung kommen.
1. Gandhi benutzt den Begriff »Satyagraha«, der normalerweise mit »Seelenkraft« oder »Macht der Wahrheit« übersetzt wird. Die Verwendung dieses Begriffs macht deutlich, dass Gandhi der Auffassung war, dass die Macht der Wahrheit benutzt werden kann (und sollte), um mit gewaltlosen Mitteln eine Veränderung herbeizuführen.
2. In Radhakrishnans Übersetzung der Brhadaranyaka-Upanishaden heißt es: »Zweifellos entsteht Angst dadurch, dass es einen Zweiten gibt«, wobei der »Zweite« hier im Sinne von »ein Anderer« gebraucht wird. (S. Radhakrishnan: The Principal Upanishads, Humanities Press, New York 1992)